Liebe Gläubige in der Dompfarre St. Martin, liebe Mitbewohner!
Das wohl ungewöhnlichste Osterfest unserer Lebenszeit und auch der ganzen Geschichte steht vor uns. Mir ist es ein Anliegen, mich mit diesem Brief an Sie zu wenden und einige Gedanken und Impulse aus diesem Anlass an Sie weiterzugeben:
Viele von Ihnen werden vielleicht den Bitt- und Segensgottesdienst, den Papst Franziskus am Freitag, den 27. März vor dem Petersdom gehalten hat, mitverfolgt haben. Dabei war auch ein eindrucksvolles, lebensgroßes Kreuz aus der Kirche San Marcello aufgestellt, vor dem der Papst in Stille gebetet hat.
Durch den Regen floss auch das Wasser wie Tränen vom Leib Jesu herab. Für mich war das ein eindrucksvolles Zeichen dafür, dass der Herr in diesen Tagen voller Not, Angst und Trauer bei uns ist. Er hat das Leid nicht weggezaubert und ist auch nicht – wie manche es forderten – vom Kreuz herabgestiegen, sondern hat es durchgestanden – um uns zu sagen, dass er bei uns ist – jetzt ganz besonders. Er weint mit uns und durch seine Tränen möchte er Trost schenken.
Ostern sagt uns aber auch, dass das Kreuz und das Leid nicht das Ende ist, sondern dass dahinter das neue Leben der Auferstehung wartet. Das Licht des Auferstandenen ist die Antwort und die Hoffnung im Dunkel dieser Tage und der Welt.
Eines möchte ich auch noch sehr deutlich sagen: Die momentane Erfahrung ist keine Strafe Gottes, wie manchmal behauptet wird. Aber sicher möchte er uns etwas dadurch sagen. Bei einer Begegnung auf der Gloriette in Eisenstadt, von wo aus wir einige Male unsere Stadt gesegnet haben, hat mir ein Vater, der mit seiner kleinen Tochter unterwegs war, folgenden Satz gesagt: „Ja, wir haben Gott jetzt viele Jahre vergessen, aber jetzt will er uns Demut lehren.“ Für mich hat er damit eine sehr treffende Aussage getätigt. Demut als eine Haltung der Dankbarkeit, des Nicht-Selbstverständlich-Nehmens dessen, was uns geschenkt ist und auch das Neubewusstwerden der Tatsache, dass wir als Menschen Grenzen haben und nicht alles ins Unendliche wachsen kann!
Der Papst hat bei seinen Gedanken an genanntem Freitag auch folgendes gesagt: „Herr, dein Wort heute Abend trifft und betrifft uns alle. In unserer Welt, die du noch mehr liebst als wir, sind wir mit voller Geschwindigkeit weitergerast und hatten dabei das Gefühl, stark zu sein und alles zu vermögen. In unserer Gewinnsucht haben wir uns ganz von den materiellen Dingen in Anspruch nehmen und von der Eile betäuben lassen. Wir haben vor deinen Mahnrufen nicht angehalten, wir haben uns von Kriegen und weltweiter Ungerechtigkeit nicht aufrütteln lassen, wir haben nicht auf den Schrei der Armen und unseres schwer kranken Planeten gehört. Wir haben unerschrocken weitergemacht in der Meinung, dass wir in einer kranken Welt immer gesund bleiben würden. Jetzt, auf dem stürmischen Meer, bitten wir dich, Herr.“
Ich darf Ihnen auch noch etwas Schönes erzählen: Zwei Frauen aus unserer Pfarre erwarteten im März ihr Baby, natürlich mit Bangen, angesichts der Situation. Bei den Messen im Dom haben wir auch für sie und ihre Familien gebetet. Am Sonntag, den 22. März und am Fest Mariä Verkündigung, 25. März sind beide Mädchen gesund zur Welt gekommen und beide tragen den Namen Mirjam (hebräische Form von Maria). Lichtstrahlen im Dunkel – Zeichen der Auferstehung.
Am Schluss darf ich noch einen Gedanken des Papstes weitergeben: „Glauben bedeutet, den Mut zu finden, alle Widrigkeiten der Gegenwart anzunehmen und für einen Augenblick unser Lechzen nach Allmacht und Besitz aufzugeben, um der Kreativität Raum zu geben, die nur der Heilige Geist zu wecken vermag. Es bedeutet, den Mut zu finden, Räume zu öffnen, in denen sich alle berufen fühlen, und neue Formen der Gastfreundschaft, Brüderlichkeit und Solidarität zuzulassen. Durch sein Kreuz sind wir gerettet, damit wir die Hoffnung annehmen und zulassen, dass sie alle möglichen Maßnahmen und Wege stärkt und unterstützt, die uns helfen können, uns selbst und andere zu beschützen. Den Herrn umarmen, um die Hoffnung zu umarmen – das ist die Stärke des Glaubens, der uns von der Angst befreit und uns Hoffnung gibt.“
In diesem Sinne wünsche ich im Namen aller Mitarbeiter/innen der Dompfarre ein Osterfest voll Hoffnung auf die Auferstehung – jetzt, in dieser Situation und als Ziel unseres Lebens,
P. Erich Bernhard COp
Dompfarrer
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